Abdulrazak Gurnah - wer? Die Nachricht, dass der aus Tansania stammende Schriftsteller und Hochschullehrer den Literaturnobelpreis 2021 erhalten sollte, überraschte niemanden so sehr wie den Autor selbst. "Ich hielt das Ganze für einen Scherz", sagt er in einem Telefon-Interview, das über den Twitter-Kanals des Nobelpreiskomitees veröffentlicht wurde. Nicht im Entferntesten habe er damit gerechnet, für die ehrenvolle Auszeichnung überhaupt in Betracht gezogen zu werden. "Ich habe mich einfach nur gefragt: Wer wird den Preis dieses Jahr wohl bekommen?"


Mit der Wahl Gurnahs blieb die Schwedische Akademie ihrem Grundsatz treu, literarische Außenseiter ins Licht der Öffentlichkeit zu stellen. Und tatsächlich ist der pensionierte Literaturprofessor, der zuletzt an der Universität Kent in Großbritannien gelehrt hatte, in Deutschland relativ unbekannt. Seine fünf Romane, die in deutscher Sprache veröffentlicht wurden, waren zum Zeitpunkt der Preisvergabe auf dem hiesigen Buchmarkt zunächst gar nicht lieferbar. Sein bekanntester Titel "Das verlorene Paradies", das bereits für den britischen Booker Prize nominiert war, ist aber neu aufgelegt worden und im Dezember 2021 im Penguin Verlag erschienen, mit einer Übersetzung von Inge Leipold.


Wer aber ist der Mensch hinter dem Nobelpreisträger Abdulrazak Gurnah? Geboren 1948 in Sansibar, musste er im Alter von 18 Jahren aus seiner Heimat fliehen, weil er der arabisch-stämmigen Minderheit muslimischen Glaubens angehörte. Flucht und Vertreibung hat er also selbst erfahren und begann mit Anfang 20, diese Erlebnisse literarisch zu verarbeiten. Auch später ziehen sich die Themen Flucht und das mitunter problematische Einleben in der weiß dominierten, europäischen Kultur immer wieder durch sein Werk. Nach einem Literatur- und Philosophiestudium in Canterbury unterrichtete Gurnah zunächst an einer Universität in Nigeria, bevor er nach England zurückkehrte. An der Universität von Kent promovierte er und lehrte bis zu seiner Pensionierung die Fächer Englisch und postkoloniale Literaturen.

Während das Nobelpreiskomitee vor allem die Nachwirkungen der Kolonialzeit und die persönlichen Folgen für Migranten in Gurnahs insgesamt zehn Büchern hervorhebt, gibt sich der Autor selbst dazu eher zurückhaltend. Sein Ziel sei es, vertrauensvoll zu schreiben, sagt er in einem Interview - und nicht, damit auf einen Effekt abzuzielen. Auch zieht er in Zweifel, dass Literatur überhaupt genug Kraft habe, den Lauf der Welt zu verändern.


Dessen ungeachtet betonten Literaturkritiker, dass Gurnah mit seinen Büchern, die vorwiegend in den 1980er und 1990er Jahren entstanden sind, eine Problematik vorwegnehme, die mittlerweile so aktuell ist wie nie: Die innere Zerrissenheit von Migranten, die ihre Heimat verlassen müssen und durch die mühsame Assimilation in einer neuen Kultur später gar nicht mehr wissen, wo sie überhaupt zu Hause sind.


Bedeutung und Beitrag von Abdulrazak Gurnah zur zeitgenössischen Literatur


Abdulrazak Gurnah, geboren am 20. Dezember 1948 im Sultanat Sansibar, ist ein Schriftsteller, der die literarische Welt mit seinem kompromisslosen und mitfühlenden Schreiben über die Folgen des Kolonialismus und das Schicksal von Flüchtlingen zwischen Kulturen und Kontinenten bereichert hat. Seine Werke, verfasst in der Sprache seines Zufluchtslandes, dem Vereinigten Königreich, reflektieren nicht nur seine persönlichen Erfahrungen als Einwanderer, sondern werfen auch ein Schlaglicht auf universelle menschliche Konflikte und historische Ungerechtigkeiten.


Gurnahs Romane, Kurzgeschichten und Essays sind tief verwurzelt in den kulturellen und historischen Realitäten Ostafrikas, insbesondere seiner Heimat Sansibar, und zeugen von einer Welt, die von kolonialen und postkolonialen Spannungen geprägt ist. Durch seine akademische Tätigkeit als Professor für Englisch und postkoloniale Literaturen an der University of Kent hat er nicht nur im akademischen Diskurs, sondern auch in der breiteren Öffentlichkeit ein Bewusstsein für die Komplexität und Vielschichtigkeit postkolonialer Erfahrungen geschaffen.


Sein literarisches Schaffen, das 2021 mit dem Nobelpreis für Literatur gekrönt wurde, zeichnet sich durch eine schonungslose Auseinandersetzung mit Identitätskonflikten, Exil und den Nachwirkungen kolonialer Herrschaft aus. Gurnahs Bücher, die lange Zeit nur einem kleinen Leserkreis bekannt waren, erlebten nach der Nobelpreisverleihung eine Renaissance und rückten ins Rampenlicht der internationalen Literaturgemeinschaft. 


Gurnahs Stil und die thematische Ausrichtung seiner Werke sind exemplarisch für den literarischen Ausdruck einer Generation, die zwischen den Kulturen steht und deren Stimme in der globalen Erzählung immer wichtiger wird. Seine Bücher stellen fundamentale Fragen nach Zugehörigkeit und Identität und bieten dabei Einblick in das Leben von Menschen, die durch Krieg und Krisen geformt wurden. Gurnahs Beitrag zur zeitgenössischen Literatur liegt nicht nur in der Qualität seiner Erzählkunst, sondern auch in seinem Engagement, die Perspektiven und Geschichten marginalisierter Gesellschaften zu beleuchten und zu würdigen. 


In diesem Sinne steht Abdulrazak Gurnah für eine Literatur, die Brücken baut und den Blick öffnet für die mannigfaltigen Lebenswirklichkeiten in einer zunehmend vernetzten Welt. Sein Werk fordert uns auf, unsere eigene Provinzialität zu erkennen und die Welt sowie ihre Geschichte durch ein breiteres, inklusiveres Prisma zu betrachten.# Biografischer Hintergrund: Die Ursprünge und das frühe Leben von Abdulrazak Gurnah in Tansania und seine Migration nach England


Abdulrazak Gurnahs Lebensgeschichte ist eng mit den Themen verflochten, die sich durch sein literarisches Werk ziehen: Migration, Identität und die postkoloniale Erfahrung.


Geboren und aufgewachsen im Sultanat Sansibar, das später ein Teil Tansanias wurde, gehörte Gurnah einer muslimisch-arabischstämmigen Minderheit an. Sein Weg in die Literatur begann mit Geschichten und Gedanken, die er als junger Mann niederschrieb. Diese frühen Aufzeichnungen spiegelten seine Erfahrungen und das Gefühl der Entwurzelung wider, die er nach seiner Ankunft in England als Flüchtling während der Revolution in Sansibar empfand.


Gurnahs Migration nach Großbritannien im Jahr 1968, im Alter von gerade einmal 20 Jahren, markiert einen entscheidenden Wendepunkt sowohl in seinem persönlichen Leben als auch in seiner späteren Karriere als Schriftsteller. Die Gründe für seine Flucht waren politisch bedingt und stehen im Kontext der Umwälzungen und des darauffolgenden Umbruchs der Machtverhältnisse in seiner Heimat. Diese Erfahrungen prägten seine Sicht auf die Welt und flossen in seine schriftstellerische Tätigkeit ein. Die Sprache, in der er seine Werke verfasst – das Englische – wurde zu einem Werkzeug, das es ihm ermöglichte, seine Perspektiven zu artikulieren und gleichzeitig seine Zugehörigkeit zu einer neuen Kultur zu etablieren.


In England setzte er seine akademische Laufbahn fort. Sein Studium am Christ Church College in Canterbury, das zu diesem Zeitpunkt noch Abschlüsse der Universität London vergab, war die Grundlage für seine spätere akademische Karriere. Nach seinem Studium lehrte Gurnah an der Bayero University Kano in Nigeria, bevor er an die University of Kent zurückkehrte, wo er 1982 promovierte. An der University of Kent bekleidete er bis zu seinem Ruhestand die Position des Professors für Englisch und postkoloniale Literaturen.


Während seiner Zeit in Großbritannien schuf Gurnah ein umfangreiches literarisches Werk, das von Kritikern positiv aufgenommen wurde, obwohl es kommerziell nicht unmittelbar erfolgreich war. Erst mit der Verleihung des Nobelpreises für Literatur im Jahr 2021 erlangte sein Schaffen internationale Anerkennung und fand eine breitere Leserschaft. Die Schwierigkeit, seine Werke auch in Amerika zu veröffentlichen, unterstreicht die Herausforderungen, mit denen Schriftsteller konfrontiert sind, deren Lebensgeschichten und literarische Themen quer zu den Erwartungen eines breiten Publikums liegen.


Die biografischen Wurzeln Abdulrazak Gurnahs in Tansania und seine Migrationserfahrung nach England sind somit nicht nur ein fester Bestandteil seiner persönlichen Geschichte, sondern auch ein zentrales Element seines literarischen Schaffens. Sie ermöglichen es ihm, mit einer Stimme zu sprechen, die sowohl die postkoloniale Realität Ostafrikas als auch die facettenreiche Erfahrung der Diaspora umfasst und bereichern die zeitgenössische Literatur um wichtige Perspektiven.


Literarisches Werk: Eine Übersicht über Gurnahs Romane, Kurzgeschichten und kritische Essays


Abdulrazak Gurnahs literarische Arbeit umfasst ein vielschichtiges Spektrum an Romanen, Kurzgeschichten und kritischen Essays, die sich mit den Themen Migration, Identität und den Auswirkungen des Kolonialismus auseinandersetzen. Seine Werke sind geprägt von einer tiefen Empathie für die Figuren und deren Schicksale, die oft zwischen verschiedenen Kulturen und Kontinenten hin- und hergerissen sind.


Sein Debütroman "Memory of Departure" (1987) legte den Grundstein für die wiederkehrenden thematischen Schwerpunkte, die Gurnahs Werk kennzeichnen: das Trauma des Kolonialismus, Krieg und Vertreibung. Mit "Paradise" (1994), der für den Booker Prize und den Whitbread Prize nominiert wurde, erlangte Gurnah internationale Anerkennung. Der Roman, der im kolonialen Ostafrika des 19. Jahrhunderts spielt, beleuchtet die komplexen sozialen und politischen Verhältnisse der Region und die Auswirkungen europäischer Eroberungspolitik.


"Weit über das übliche Schema vieler Emigrantenromane hinaus führend, zeichnet sich 'Schwarz auf Weiß' (1988, engl. "Pilgrims Way") durch die differenzierte Darstellung der Beziehung zwischen Kolonisatoren und Kolonisierten aus. Der Roman stellt Identitäts- und Alteritätsmodelle zur Diskussion, die unter kolonialen Bedingungen entwickelt wurden. Gurnahs Protagonisten erleben oft eine innere Zerrissenheit, eine Spannung zwischen dem Selbst und dem Anderen, die sich in Bewegung befindet und nicht statisch ist.


In seinen weiteren Werken wie "By the Sea" (2001), "Desertion" (2005) und "Afterlives" (2020), die ebenfalls für namhafte Literaturpreise nominiert wurden, vertieft Gurnah diese Themen. Die Romane zeugen von einer intensiven Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte und der Erfahrung von Exil und Entfremdung. Sie werfen einen kritischen Blick auf die Folgen des Kolonialismus und den Umgang mit Flüchtlingen, die sich in der Kluft zwischen den Kulturen befinden.


Gurnahs Kurzgeschichten, wie etwa "My Mother Lived on a Farm in Africa" (2006) oder "The Arriver's Tale" (2016), konzentrieren sich ebenfalls auf die Lebensrealitäten von Menschen, deren Geschichten sonst ungehört bleiben würden. Sie erzählen von Begegnungen, die in der Diaspora stattfinden, und von den Herausforderungen, die das Leben fernab der Heimat mit sich bringt.


In seinen kritischen Essays, wie beispielsweise in der Herausgeberschaft der Essaybände "Essays on African Writing" und "The Cambridge Companion to Salman Rushdie", setzt sich Gurnah mit der Literatur anderer postkolonialer Autoren auseinander und liefert wertvolle Beiträge zum akademischen Diskurs über postkoloniale Literatur und Theorie.


Die Übersetzungen von Gurnahs Werken ins Deutsche, wie "Das verlorene Paradies" (deutsche Übersetzung von "Paradise"), "Ferne Gestade" (deutsche Übersetzung von "By the Sea") oder "Nachleben" (deutsche Übersetzung von "Afterlives"), öffnen ein breiteres Fenster zur Rezeption seiner Erzählungen im deutschsprachigen Raum und tragen dazu bei, die Vielfalt seiner literarischen Stimme zu verbreiten.


Zusammengefasst stellt Abdulrazak Gurnahs literarisches Schaffen eine wichtige Stimme dar, die es ermöglicht, die Komplexität postkolonialer Realitäten aus einer persönlichen und zugleich universellen Perspektive zu verstehen. Seine Werke sind nicht nur Zeugnisse individueller Schicksale, sondern auch kritische Kommentare zur globalen Geschichte und ihren Auswirkungen auf das menschliche Zusammenleben.**Thematische Schwerpunkte und Stilistik: Analyse der wiederkehrenden Motive wie Exil, Identität und postkoloniale Erfahrungen in Gurnahs Arbeit**


Die literarische Welt Abdulrazak Gurnahs ist durchzogen von Themen, die sich wie ein roter Faden durch sein Schaffen ziehen und die er mit einer unverkennbaren stilistischen Prägnanz behandelt. Seine Texte zeichnen sich durch eine Vielschichtigkeit aus, die tief in den Erfahrungen von Exil, Identitätssuche und postkolonialen Realitäten verwurzelt ist. 


Die Motive von Exil und Entwurzelung sind in Gurnahs Werk omnipräsent. Sie spiegeln nicht nur seine persönlichen Erfahrungen wider, sondern auch die kollektiven Schicksale von Menschen, die durch die Wirren der Geschichte aus ihren gewohnten Lebensumständen herausgerissen wurden. Die Figuren in seinen Romanen erfahren oft eine innere und äußere Zerrissenheit, die sich in einem Zustand des "Dazwischen" manifestiert – zwischen Kulturen, Sprachen und Identitäten. Gurnahs sensible Darstellung von Exilerfahrungen hinterfragt klassische Vorstellungen von Heimat und Zugehörigkeit und eröffnet so neue Perspektiven auf das Leben im transkulturellen Raum.


Identität ist ein weiteres zentrales Thema in Gurnahs Arbeiten. Die Suche nach dem Selbst, oft im Kontext von Migration und Exil, ist ein zentrales Anliegen seiner Protagonisten. Diese Suche ist komplex und vielschichtig, da sie durch die Konfrontation mit fremden Kulturen, Rassismus und historischen Traumata geprägt wird. Gurnah gelingt es, die Dynamik von Identitätsbildung und -umformung literarisch auszuloten und dabei die vielfältigen Faktoren zu beleuchten, die das Selbstverständnis des Einzelnen beeinflussen.


Die postkoloniale Erfahrung und ihre Auswirkungen auf Individuum und Gesellschaft bilden das dritte große Motiv in Gurnahs Schaffen. Seine Werke sind ein eindrucksvolles Zeugnis für die Nachwirkungen kolonialer Unterdrückung und Ausbeutung. Durch die Einbindung von historischen Ereignissen und deren Reflexion in individuellen Lebensgeschichten schafft Gurnah ein differenziertes Bild der kolonialen Vergangenheit und ihrer langfristigen Folgen.


Stilistisch zeichnen sich Gurnahs Texte durch eine klare, präzise Sprache aus, die zugleich reich an Metaphern und Symbolik ist. Seine Erzählungen sind geprägt von einer subtilen Ironie und einem feinen Gespür für die Ambivalenzen menschlicher Erfahrungen. Die Integration von Swahili, Arabisch und anderen Sprachen in seine englischsprachigen Texte unterstreicht die Mehrsprachigkeit seiner Charaktere und spiegelt die komplexe Realität einer globalisierten Welt wider.


In der Gesamtschau bietet Abdulrazak Gurnahs literarisches Werk einen tiefen Einblick in die menschliche Psyche und die sozialen Verhältnisse im Kontext von Exil, Identitätskonflikten und postkolonialen Erfahrungen. Sein Beitrag zur zeitgenössischen Literatur ist nicht nur in der Darstellung dieser Themen zu sehen, sondern auch in der Art und Weise, wie er sie stilistisch verarbeitet und in eine vielschichtige, emotional resonante Erzählung überführt. Seine Werke fordern Leserinnen und Leser dazu auf, über den Horizont der eigenen Erfahrung hinauszublicken und sich mit den komplexen Fragen von Zugehörigkeit, Geschichte und Menschlichkeit auseinanderzusetzen.


Auszeichnungen und Anerkennung: Ein Blick auf die wichtigsten literarischen Preise und Ehrungen, einschließlich des Nobelpreises für Literatur


Die Anerkennung von Abdulrazak Gurnahs literarischem Werk fand ihren Höhepunkt in der Verleihung des Nobelpreises für Literatur im Jahr 2021. Diese Auszeichnung, die als eine der prestigeträchtigsten in der Welt der Literatur gilt, wurde ihm „für sein kompromissloses und mitfühlendes Durchdringen der Auswirkungen des Kolonialismus und des Flüchtlingsschicksals in der Kluft zwischen Kulturen und Kontinenten“ verliehen.^[7] Der Nobelpreis ist jedoch nur ein Höhepunkt in einer Reihe von literarischen Erfolgen, die Gurnahs Schaffen kennzeichnen.


Bereits im Jahr 1994 wurde Gurnah mit seinem Roman "Paradise" für den Booker Prize nominiert, eine bedeutende Auszeichnung für fiktionale Literatur im englischsprachigen Raum. Darüber hinaus stand "By the Sea" im Jahr 2001 auf der Longlist des Booker Prize und wurde für den Los Angeles Times Book Prize nominiert. Für seinen Roman "Desertion" erhielt Gurnah im Jahr 2006 eine Nominierung für den Commonwealth Writers' Prize,^[33] eine weitere wichtige Anerkennung für Schriftsteller aus dem Commonwealth.


Eine besondere Ehre wurde Gurnah zuteil, als er 2006 zum Fellow der Royal Society of Literature gewählt wurde, ein Zeichen der Wertschätzung und Anerkennung durch die literarische Gemeinschaft in Großbritannien. Diese Mitgliedschaft ist ein Ausweis für die literarische Exzellenz und den Beitrag zur Literatur, den Gurnah mit seinem Werk geleistet hat.


Gurnahs Engagement und seine literarische Stimme blieben nicht auf die englischsprachige Welt beschränkt. Im französischsprachigen Raum wurde ihm 2007 der RFI Témoin du Monde Preis für "By the Sea" verliehen, was die internationale Reichweite und Wirkung seiner Arbeit unterstreicht.


Die Verleihung des Nobelpreises hat Gurnahs Werke einer breiteren Leserschaft zugänglich gemacht und die Bedeutung seiner Themen – Migration, Identität und postkoloniale Erfahrungen – in den Fokus einer globalen Öffentlichkeit gerückt. Die späte, aber umso bedeutendere Anerkennung von Abdulrazak Gurnahs Schaffen ist ein wichtiger Schritt hin zur Würdigung eines Autors, dessen Stimme eine Brücke zwischen den Welten schlägt und die literarische Landschaft nachhaltig bereichert.


Seit der Ankündigung des Nobelpreises sind Gurnahs Bücher wieder verstärkt gefragt; Verlage und Buchhandlungen bemühen sich, der gestiegenen Nachfrage gerecht zu werden, und seine Werke erfahren eine Renaissance, die lange überfällig war. Die Veröffentlichungen seiner Romane in Übersetzungen, wie jüngst auch im deutschsprachigen Raum, tragen dazu bei, dass Gurnahs Stimme nun auch einem deutschsprachigen Publikum nicht länger verborgen bleibt. 


Abdulrazak Gurnahs Auszeichnungen und die damit verbundene Anerkennung unterstreichen seinen Status als einer der führenden postkolonialen Schriftsteller unserer Zeit und zeigen auf, wie seine Werke sowohl im literarischen Diskurs als auch in der öffentlichen Wahrnehmung an Bedeutung gewonnen haben.


Einfluss und Bedeutung für die Literatur und Gesellschaft: Die Rolle von Gurnahs Werk im Diskurs über Migration und postkoloniale Identität in der modernen Weltliteratur


Die Verleihung des Nobelpreises für Literatur an Abdulrazak Gurnah im Jahr 2021 hat nicht nur seinen Werken, sondern auch den darin behandelten Themen Migration und postkoloniale Identität eine gesteigerte Aufmerksamkeit verschafft. Gurnahs literarischer Beitrag ist von unschätzbarem Wert für das Verständnis und die Auseinandersetzung mit Fragen der Zugehörigkeit und der kulturellen Identität in einer globalisierten Welt. Seine Romane und Kurzgeschichten bieten einen differenzierten Einblick in die Lebensrealitäten von Menschen, die von kolonialer Geschichte und Migrationserfahrungen geprägt sind.


Das Schaffen Gurnahs hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die literarische Darstellung von Migrationsprozessen und postkolonialen Identitäten eine tiefere und facettenreichere Dimension erhält. Gerade vor dem Hintergrund zunehmender Wanderungsbewegungen und der damit verbundenen gesellschaftlichen Herausforderungen ist sein Werk von hoher Relevanz. Die literarische Welt hat durch Gurnahs präzise und empathische Erzählweise einen Zugang zu den Erfahrungen und Perspektiven von Menschen erhalten, die ansonsten im gesellschaftlichen Diskurs oft marginalisiert werden.


Die Auseinandersetzung mit der Kolonialgeschichte und ihren Nachwirkungen, wie sie in Gurnahs Werken stattfindet, trägt zudem zu einem erweiterten Verständnis der komplexen Beziehungen zwischen ehemaligen Kolonisatoren und Kolonisierten bei. Gurnahs Bücher sind somit nicht nur eine Bereicherung für die Literatur, sondern auch ein wichtiger Beitrag zur Bildung und Sensibilisierung in Bezug auf historische und kulturelle Zusammenhänge. Die literarische Anerkennung Gurnahs hat signalisiert, dass die globalen Verflechtungen und die daraus resultierenden individuellen Schicksale einen festen Platz im Kanon der Weltliteratur haben.


Darüber hinaus hat Gurnahs Schaffen Einfluss auf die akademische Welt genommen. Seine Texte werden in der postkolonialen Theorie und Literaturwissenschaft intensiv rezipiert und diskutiert. Studierende und Wissenschaftler*innen verschiedener Disziplinen finden in seinen Werken Anknüpfungspunkte für Untersuchungen zu Themen wie Identitätspolitik, Erinnerungskultur und Interkulturalität.


In gesellschaftlicher Hinsicht leistet Gurnahs Werk einen Beitrag zur Förderung von Empathie und Verständnis für die Situation von Flüchtlingen und Migrant*innen. Die von ihm dargestellten Charaktere und deren Erlebnisse eröffnen neue Perspektiven und fördern den interkulturellen Dialog. Gurnahs Geschichten erinnern uns daran, dass hinter jeder Migrationserfahrung individuelle Lebensgeschichten stehen, die von Hoffnungen, Träumen und oft auch von Traumata gezeichnet sind.


Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Abdulrazak Gurnahs literarisches Oeuvre nicht nur eine Bereicherung für die Literatur darstellt, sondern auch eine entscheidende Rolle im öffentlichen Diskurs über Migration, postkoloniale Identitäten und interkulturelle Beziehungen spielt. Sein Werk fordert dazu auf, die Komplexität der globalen Gegenwart zu erkennen und die daraus entstehenden menschlichen Erfahrungen mit Respekt und Offenheit zu begegnen.


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